Veranstaltung: | Landesparteitag |
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Tagesordnungspunkt: | 1. Anträge |
Antragsteller*in: | Landesmitgliederversammlung der Grünen Jugend Schleswig-Holstein, Christian Judith (KV Schleswig-Flensburg), Louisa Fries (KV Flensburg), Michael Hegger (KV Dithmarschen), Mayra Vriesema (KV Nordfriesland), Nele Johannsen (KV Ostholstein) (dort beschlossen am: 20.03.2021) |
Status: | Eingereicht |
Beschlossen am: | 20.03.2021 |
Eingereicht: | 29.03.2021, 22:06 |
T 1 NEU: Teilhabe gehörloser Menschen ausbauen und Alltagserleichterungen schaffen!
Antragstext
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Schleswig-Holstein setzen sich auf allen Ebenen dafür ein
Alltagserleichterungen für Gehörlose und hörbeeinträchtigte Menschen zu schaffen
Dabei ist die Herbeiführung einer besseren gesellschaftlichen Akzeptanz der
Gebärdensprache und der besonderen Kommunikationsbedürfnisse z.B.
Schriftmittlung, gehörloser Menschen das Ziel, welches durch folgende Maßnahmen
erreicht werden soll:
1. Gesellschaftliche und politische Teilhabe
Niemand darf aus Kostengründen benachteiligt werden. Jede:r hat das Recht zur
Teilnahme/Teilhabe am gesellschaftlichen, sozialen und politischen Leben. Da es
nicht ausreichend Dolmetscher:innen gibt, ist dies aktuell nicht flächendeckend
gegeben. Aus diesem Grund fordern wir:
- die Kostenübernahme für Dolmetscher:innenleistungen für Deutsche
Gebärdensprache und Deutsch, sowie Schriftmittlung, insbesondere im privaten und
ehrenamtlichen Bereich, nach dem Eingliederungshilferecht über das
Bundesteilhabegesetz.
- eine Verbesserung der Zugänglichkeit zu tagespolitischen Informationen, den
Abbau von kommunikativen Barrieren und den Ausbau der Teilhabe am
gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben durch die Bereitstellung
von Dolmetscher:innen für Deutsche Gebärdensprache, Schriftmittlung und Deutsch.
- die Verpflichtung zur Barrierefreiheit für Gehörlose und hörbeeinträchtigte
Menschen in der Privatwirtschaft statt der Freiwilligkeit. Vor allem öffentliche
Gebäude und Gebäude zur Sicherstellung des persönlichen Bedarfs müssen
uneingeschränkt nutzbar sein.
2. Barrierefreie Medien
Fernsehen und Internet spielen im Leben gehörloser Menschen eine große Rolle.
Diese audiovisuellen Medien bestehen aus zwei Komponenten: Ton und Bild.
Ersterer kann von gehörlosen Menschen nicht wahrgenommen werden. Nur durch die
Visualisierung akustischer Informationen in Form von Untertiteln oder
Gebärdensprache erhalten gehörlose Menschen also einen barrierefreien Zugang zum
Fernsehprogramm und somit zu Informationen.
Aus diesem Grund fordern wir:
- Die Landesregierung möge sich weiterhin dafür einsetzen, dass die
Verpflichtung zu barrierefreiem Zugang zu Fernsehen und Streamingdiensten
gemäß EU-AVMD-Richtlinie umgesetzt wird. Dazu gehört ein Ausbau
barrierefrei nutzbarer Medienangebote, die die unterschiedlichen Belange
von Menschen mit Behinderung berücksichtigen.
- die Erhöhung der finanziellen Ressourcen für den Auf- und Ausbau
barrierefreier Angebote nach einem Stufenplan (10 % Steigerung pro Jahr).
- 100 % Untertitelung alle öffentlich-rechtlichen und privaten
Fernsehsendungen im Fernsehen.
- die offene Untertitelung von Kinofilmen in Kinos anstatt einer Untertitel-
App oder -brille.
- die Werbesendungen und Wahlwerbungen in Gebärdensprache und mit
Untertiteln auszustrahlen.
- die Kindersendungen in Gebärdensprache zugänglich zu machen.
3. Barrierefreier Notruf
Artikel 11 der UN-Behindertenrechtskonvention verlangt, dass Deutschland den
Schutz und die Sicherheit von gehörlosen und hörbehinderten Menschen in
Gefahrensituationen, einschließlich bewaffneter Konflikte, humanitärer Notlagen
und Naturkatastrophen, gewährleistet. Im Notfall entscheiden zuweilen Minuten
über Leben und Tod: Je schneller Hilfe vor Ort ist, desto besser. Gehörlose
Menschen verlieren jedoch häufig wertvolle Zeit, weil Notrufe nicht problemlos
barrierefrei abgesetzt werden können. Bis heute gibt es keinen barrierefreien
Notruf mit einer bundesweit einheitlichen Nummer.
Aus diesem Grund fordern wir:
- die Sicherheit und den Schutz für Gehörlose und hörgeschädigte Menschen in
einer Notruf- bzw. Gefahrensituation zu gewährleisten bzw. staatlich zu
garantieren.
- die Aufnahme von zwei kostenfreien Optionen für Notrufverbindungen
(Telefonvermittlungsdienste mit Gebärdensprach- und
Schriftdolmetscher:innen und Not-ruf-App) in § 108 TKG sowie in die
Notrufverordnung.
- die Einrichtung der staatlichen Notruf-App „Salus“ und die Einführung
eines einheitlichen Notrufs für Menschen mit Hörbehinderungen (mit
Vorrangschaltung wie bei einem normalen, unter 110 oder 112 abgesetzten
Notruf)
- die Einrichtung von einheitlichen Notfall-Leitstellen, einschließlich
moderner Protokolle für Menschen mit Hörbehinderungen.
- die Verabschiedung einer Strategie für die Katastrophenabwehr und die
humanitäre Hilfe, die inklusiv und für Menschen mit Hörbehinderungen
zugänglich sein soll.
- Den Einsatz von Lichtklingeln, Vibrationsalarm in öffentlichen Gebäuden
als Standard.
4. Erleichterung der Mobilität von gehörlosen Menschen
Artikel 20 der UN-Behindertenrechtskonvention besagt, dass die persönliche
Mobilität für Menschen mit Behinderungen mit größtmöglicher Unabhängigkeit
sicherzustellen ist und unter anderem der Zugang zu hochwertigen
Mobilitätshilfen, Geräten, unterstützenden Technologien, menschlicher und
tierischer Hilfe sowie Mittelspersonen erleichtert werden soll. Die Umsetzung
sieht in der Realität allerdings anders aus. Zentrale Probleme bestehen
hinsichtlich der Kommunikation an Bahnhöfen und in Zügen. Wenn gehörlose und
taubblinde Menschen am Informationsschalter Reiseinformationen einholen möchten,
stoßen sie bisher noch auf viele Barrieren.
Aus diesem Grund fordern wir:
- die Zurverfügungstellung von Reiseinformationen in Gebärdensprache
und/oder Schriftsprache an Informationsschaltern im Rahmen des Zwei-Sinne-
Prinzips.
- die Bereitstellung von Beratungen der DB-Reisebüros in Deutscher
Gebärdensprache, unmittelbar durch die Mitarbeiter:innen oder durch einen
kostenfreien Telefondolmetscher:innendienst (Tess).
- die Serviceerweiterung bei unverschuldet verpassten Anschlüssen,
beispielsweise durch den kostenlosen Transport mit einem Ruftaxi, welches
mithilfe einer App bestellt werden kann.
- eine bessere Qualität und Geschwindigkeit des WLAN-Netzes an Bahnhöfen und
in Zügen, sowie kostenlosen Zugang zu diesem.
- die EU-Fahrgastrechteverordnung in die Deutsche Gebärdensprache zu
übersetzen, damit gehörlose Menschen die Informationen bei Bedarf direkt
beziehen können.
5. Finanzielle Ausgleichsmaßnahmen
Seit 1975 wurde der Behindertenpauschbetrag in Höhe von 1.420 Euro nicht mehr
erhöht. Um ihn an Lebensrealitätenanzupassen und um die behinderungsbedingten
Nachteile und Mehraufwendungen auszugleichen,fordern wir:
- die Erhöhung und Anpassung des Behindertenpauschbetrags.
- die Schaffung eines bundeseinheitlichen gerechten einkommens- und
vermögensunabhängigen Teilhabe- bzw. Gehörlosengeldes zum Ausgleich der
behinderungsbedingten Nachteile und Mehraufwendungen gehörloser,
taubblinder und anderer Menschen mit Hörbehinderungen.
- Prüfung eines landesweiten Grundeinkommens für Menschen mit Behinderung.
Angepasst an den Grad der Behinderung, um Ausgleich zu schaffen.
6. Anerkennung der Gebärdensprache als Minderheitensprache
Mit der Anerkennung als sprachliche Minderheit gehen viele Privilegien einher.
Zum Beispiel bestimmte finanzielle Förderungen und Maßnahmen zum Schutz und
Erhalt dieser Sprache.
Aus diesem Grund fordern wir:
- Die Anerkennung der Gebärdensprache als Minderheitensprache.
7. Schulische Inklusion von gehörlosen Menschen
Mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention hat sich die
Bundesrepublik Deutschland dazu verpflichtet, lebenslanges und gemeinsames
Lernen für Menschen mit Behinderung zu gewährleisten. Dabei sollen Barrieren für
Schüler:innen mit Behinderung abgebaut und ihnen ein Höchstmaß an
gesellschaftlicher Teilhabe ermöglicht werden.
Deshalb fordern wir:
- Angestellte am Landesförderzentrum Hören sollen die Deutsche
Gebärdensprache beherrschen, andernfalls müssen sie sich nach der
Anstellung zeitnah verpflichtend darin fortbilden
- Zusätzliche Unterstützungsmöglichkeiten für Schüler:innen mit einer
Hörschädigung bereits in der frühkindlichen Bildung gewährleisten
- Die zeitnahe Bereitstellung von technischen Hilfsmitteln, um die
Beschulung von Schüler:innen mit einer Hörschädigung zu erleichtern, und
die Anpassung von räumlichen Gegebenheiten zur Optimierung der Raumakustik
- Die Förderung der Ausbildung von Hörgeschädigtenpädagog:innen in
Schleswig-Holstein.
Begründung
Erfolgt mündlich
Unterstützer*innen
- Catharina Johanna Nies (KV Ostholstein)
- Gazi Freitag (KV Kiel)
- Stephan Wiese (KV Lübeck)
- Carola Köster-Wiens (KV Lübeck)
- Jan Karthäuser (KV Ostholstein)
- Leon Bossen (KV Flensburg)
- Gerd Weichelt (KV Dithmarschen)
- Michaela Dämmrich (KV Stormarn)
- Susanne Hilbrecht (KV Dithmarschen)
- Burak Kocaaslan (KV Kiel)
- Claudia Jürgens (KV Kiel)
- Kim-Kathrin Lewe (KV Kiel)
- Denise Loop (KV Dithmarschen)
- Julia Schmidtke (KV Kiel)
- Anke Johannsen (KV Ostholstein)
- Hans-Peter Hopp (KV Ostholstein)
- Nadine Mai (KV Pinneberg)
- Annabell Louisa Pescher (KV Flensburg)
- Dave Kolboom (KV Steinburg)
- Regine Planer-Regis (KV Herzogtum Lauenburg)
- Karen Jakstadt (KV Kiel)
- Michael Böckenhauer (KV Ostholstein)
- Jakob Brunken (KV Ostholstein)
- Anette Zierke (KV Dithmarschen)
- Leonie Beers (KV Pinneberg)
- Christine Herde-Hitziger (KV Pinneberg)
- Nicole Derber (KV Ostholstein)
- Malte Harlapp (KV Stormarn)
- Rebecca Such (KV Kiel)
- Christine Böttcher (KV Segeberg)
- Kristian Warnholz (KV Pinneberg)
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